Schonertypen

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Toppsegelschoner, Rahsegelschoner, Gaffelschoner Schonerbrigg , Briggschoner Brigantine W as für ein „Schoner ist das nun? W er blickt bei den „Mischformen” noch durch

Die entscheidende Ursache für die unterschiedliche  Auffassungen bei der Benennung fast ausschließlich in der „mangelhaf ten Fixierung der Grundbegriff e” z u suchen.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors geben wir hier seinen Artik el zur Kenntnis 

Die Terminologie des Schonerriggs – ein unlösbares Rätsel?

Jürgen Rabbel, Warnemünde

Fast 20 Jahre ist es her, da bin ich an dem vom Autor Greiffenhagen in LOGBUCH 4/97 geschilderten „chaotisch anmutenden Beschreibungsdurcheinander” bei den Schonern fast verzweifelt. 1983 habe ch deshalb in dem Buch „Rostocker Windjammer” erstmals den Versuch unternommen, diese gewünschte „gewisse Ordnung herzustellen. Wenigstens die wichtigsten Schonertakelungen sollten nach ihren typischen Merkmalen schematisch mit Namen erfaßt werden, die ih rem Rigg auch historisch gerecht werden, jedenfalls in Anlehnung an die englische Auffassung. Dieser erste Versuch einer einheitlichen Klassifikation gab damals dem Berliner Transpress Verlag Anlaß für die Planung eines ausführlicheren „Schonerbuches”. DasProjekt kam, obwohl kurz vor der Vollendung, nach der Einheit Deutschlands aus objektiven wie subjektiven Gründen leider nicht zum Abschluß.

Das darin enthaltene Kapitel „Typenkatalog- Versuch einer einheitlichen Systematisierung” kennt Herr Greiffenhagen. Wir haben oft und lange darüber telefonisch debattiert, ohne auf einen generellen ge- meinsamen Nenner zu kommen. Wie sollten wir auch, nachdem es in der Geschichte bisher noch nie gelungen ist. Nicht einmal zu einem so gewichtigen Anlaß wie der Gründung des Deutschen Reiches, als endlich ein einheitliches und verbindliches Schiffsregister erstellt werden sollte. Mit den gravierenden Folgen, daß selbst Experten der deutschen Schiffahrtsgeschichte bis heute beim Schoner zu keinen klaren Definitionen gefunden bzw. kapituliert haben. So unspezifische Begriffe wie Schoner, Rahschoner, Zweimastschoner, Dreimastschoner usw. reichen bei der Vielfalt der Takelungsvarianten nach einer abgeschlossenen Entwicklung als Definition einfach nicht mehr aus.

Ehe ich aber meinen „Typenkatalog” noch einmal in Kurzfassung zur Diskussion stelle, möchte ich anhand einer zeitgenössischen Quelle, der nautischen Zeitschrift „Hansa”, das vergebliche Bemühen nach klaren Bezeichnungen demonstrieren.

Solange die deutschen Kleinstaaten ihre eigenständigen Registerbehörden besaßen, stand eine übereinstimmende Nomenklatur bei den einzelnen Schiffsgattungen nicht zur Debatte. Trotzdem gab es auch damals schon regionale Gemeinsamkeiten, wie an der deutschen Ostseeküste zwischen Schleswig und Preußen, und das kurioserweise auch beim Schoner. Hier war der Schoner im Gegensatz zu den Galeassen eingangs des 19. Jahrhunderts kein häufig verwendeter Schiffstyp. Und wenn, dann war er ein Zweimaster mit einer „kleinen Rahtakelage” an der Vorstenge de s Fockmastes. Der Gaffelschoner kam erst in der zweiten Jahrhunderthälfte zum Einsatz und wurde auch als solcher speziell gekennzeichnet. Noch seltener und ebenfalls vor 1850 gab es den „Mufferdeischoner” (Briggschoner), der an den Stengen von Fock- und Großmast Rahsegel führte.

Der dreimastige Schoner trat erst nach der Jahrhundertmitte in Erscheinung. Vielleicht deshalb gab es hier in den Registern relativ klare Abgrenzungen zwischen Dreimastschonern und Schonerbarken. Die Schonerbark hatte stets einen vollgetakelten Fockmast (Barkentinen kannte man nicht), und der Dreimastschoner führte an Fock- und Großmast je eine Stenge mit Rahsegeln.

Über diesen „scheinbaren Widerspruch” stolperte verständlicherweise auch Franz Scherer hinsichtlich der Takelung der P RINZ ADALBERT aus Wolgast (in „Albatros” 2/96) . Bei der Ersteintragung 1864 auf dem Greifswalder Amtsgericht war der Segler noch eine Schonerbark, durchgängig dagegen ab 1867 als Dreimastschoner im „Kalender der preußischen Provinzen Pommern und Preußen”geführt. Im „Landbuch von Pommern”, Abt. IV, Bd. II, dann die angeblich „unübliche Bezeichnung” Barkschoner Die Takelungen beider Bezeichnungen sind aber in der Ostsee identisch gewesen. Der Dreimastschoner wie der Barkschoner trugen an der jeweils einen Stenge an Fock- und Großmast Rahsegel (analog zum zweimastigen Briggschoner). Der Besanmast war natürlich wie üblich geriggt.

Schon mit der Bildung einer gemeinsamen Flotte des Norddeutschen Bundes 1867 gab es Probleme mit der einheitlichen Typenbezeichnung und erst recht, als nach Gründung des Deutschen Reiches nach dem Gesetz zur „Registrierung und Bezeichnung der Kauffartheischiffe” vom 27. Juni 1873 endgültig alle „für den Erwerb durch die Seefahrt bestimmten Schiffe über 50 Kubikmeter Raumgehalt” nach einheitlichen Gesichtspunkten erfaßt werden sollten. Hinsichtlich der „Gattung” machte man bei Segelschiffen gleich ein Zugeständnis: Sie war durch die Takelage und die Form des Schiffskörpers „nach der landesüblichen Benennung” anzugeben. Bei den für einzelne Regionen ganz spezifischen Schiffstypen machte das auch keine Schwierigkeiten, nur „bei den generellen, unter allen Nationen üblichen Formen” (!).

Daß es „heutzutage nicht ganz leicht ist, eine strenge Definition mancher Schiffstypen zu liefern, da die Grundformen sich selten rein erhalten haben, stellte auch die „Hansa” 1874 nach einer Auswertung des durch das Reichskanzleramt zusammengestellten „Alphabetischen Verzeichnisses der deutschen Kauffartheischiffe” (später „Handbuch für die deutscheHandelsmarine“) fest. Weil die existierenden seemännischen Handbücher weder in Wort noch in Bild „in genügender Treue und Zahl … dem Zwecke nicht genügen”, beabsichtigte diese nautische Zeitschrift, die Menge der Schiffsgattungen, … die Eigenschaften derselben, sowohl der Construktion des Schiffsrumpfes, als der Bemastung, Takelung und Besegelung … näher geschildert zu sehen“. Realisiert wurde dieser Vorschlag aber leider nicht.

4766 Segelschiffe hatte man ausgezählt und war dabei auf 24 „reine Formen” (4152 Schiffe) und 19 „Mischformen” (614 Schiffe) gekommen. „Ein deutscher Seemann” hatte schon im Jahr zuvor in einer Leserzuschrift festgestellt, „daß die Bezeichnung der Schiffstypen in der deutschen Handelsmarine einer Regelung dringendst bedarf”. Man behi elte in den einzelnen Häfen trotz der angestrebten Vereinheitlichung die einmal gegebene Bezeichnung aufrecht, so wie früher bei der politischen Zerrissenheit. Ein und derselbe „Typus” sei je nach Küstenort unterschiedlich benannt worden, und daran hielte man „mit merkwürdiger Zähigkeit auch jetzt noch fest, wo Deutschland eine einheitliche Handelsmarine hat”. Doch eine einheitliche Nomenklatur kam trotzdem nie zustande. „Dem Streben nach individueller Entwicklung und Conservierung des Geschmacks der tonang ebenden Städte und der Berücksichtigung der durch die Beschaffenheit der Küsten gerechtfertigten Eigentümlichkeiten der Construktion und Besegelung haben die deutschen Schiffbauer und Bauherren … auch weiterhin voll nachgegeben.”

Alle in der „Hansa” angeführten Bezeichnungen wurden von den Lesern schließlich kommentarlos hingenommen, nur hinsichtlich des Schoners gab es mehrere Einwände. Tabellarisch gehörte der „Schuner” und die „Brigantine” zu den reinen Schonertypen, während der „Dreimastschuner”, die „Schunerbark”, die „Schunerbrigg” und selbst der „Gaffelschuner” zu den Mischformen zählten. Und  das, obwohl letzterer im Text als der „eigentlich reine Schuner” erwähnt wurde. Der „Schuner” führte am Fockmast über der Breitfock und dem Gaffelsegel des Un termastes an der Stenge darüber noch zusätzliche Rahsegel. Diese Bestückung wurde einerseits als „Schunerzeug” bezeichnet, die Gaffelsegel aber als das „spezifisch eigenthümliche des Schuners” hingestellt. Es würde zu weit führen, auf alle diese Unstimmigkeiten einzugehen, die die Redaktion mit den Lesern zu diskutieren hatte, welche sich auf eine „Autorität im Fache”, den „persönlich hochverehrten Herrn Schiffbau-Architekten C. F. Steinhaus”, beriefen. Dieser hatte 1869 in seinem Buch „Construktion und Bemastung der Segelschiffe” und auf seiner „Schiffs- und Flaggenkarte” insgesamt sieben Schonertypen angegeben, während die „Hansa” nur sechs kannte. Zu einer generellen Einigung kam es nicht, da jede Partei auf ihrer Position beharrte. Und so ist es bis heute geblieben.

Schon damals wurde festgestellt, daß die Ursachen für die unterschiedlichen Auffassungen in der „mangelhaften Fixierung” der Grundbegriffe läge. Stellt man die Bezeichnung für ein und denselben Schiffstyp aus solchen Standardwerken wie Steinha us (1869), „Hansa” (1874), Dittmer (1894), Goedel (1902), Middendorf (1903), Stenzel (1904), Kluge (1911), Szymanski (1934) und Höver tabellarisch gegenüber, ist das Ergebnis verwirrend. Vergrößert man den Kreis der Autoren, wird das Chaos noch größer. Allein für die Schonerbrigg lassen sich sechs weitere Bezeichnungen nachweisen: Brigantine, Halbbrigg, Briggschoner, Hermaphroditbrigg, Marssegelschoner und vollgetakelter Schoner. Das Rigg des Barkschoners kann sogar neun Namen auf sich vereinen: Hinzu kommen noch Dreimastschoner, Dreimasttoppsegelschoner, Dreimastschonerbrigg, Schonerbark, Polkabark,Barkentine, Toppsegelbark und Marssegelbark. Es erübrigt sich darauf hinzuweisen, daß fast jeder dabei verwendete Name auch noch andere Takelungsformen kennzei chnen kann.

Wenn es in der Literatur legal ist, für eine Takelungsform verschiedene Bezeichnungen, bzw. für eine Bezeichnung verschiedene Takelungsformen zu verwenden, dann müßte es doch eigentlich auch erlaubt sein, ein Schema aufzustellen, bei dem jedem allgemein gebräuchlich gewesenen Schonerrigg auch nur eine Bezeichnung zugeordnet wird. Heute erscheint mir dieser Schritt dadurch gerechtfertigt, weil die Entwicklung schon seit langem abgeschlossen ist und diese Maßnahme für die Praxis keine Bedeutung mehr hat. Ein praktischer Nutzen entsteht dabei allein für die schiffahrtsgeschichtliche Forschung, da durch eine einheitliche Terminologie Verwechslungen und Mißverständnisse für die Zukunft ausgeschlossen werden könnten, die schließlich auch dazu führten,daß Autoren von Nachschlagewerken vor exakten Definitionen kapitulieren oder aber nur noch mehr Verwirrung stiften. Schiffshistoriker könnten sich über den Schoner – und wenn auch nur durch einen Zusatz in Klammern – endlich einmal verständigen, ohne der verwendeten Bezeichnung sofort die ausführliche Erklärung des Riggs folgen lassen zu müssen. Und schließlich würde auch dem vor mehr als 100 Jahren von C. F. Steinhaus geäußerten Wunsch entsprochen werden, daß „jedem mit der Schiffahrt Vertrauten sogleich unzweifelhaft wird, welche Takelungsart unter einer gewissen Bezeichnung zu verstehen ist”.

Voraussetzung für das Gelingen eines solchen Versu ches ist, keine neuen Namen zu erfinden. Alle verwendeten Begriffe sind deshalb bekannt, meist mit der gleichen, in der Literatur möglichst am häufigsten zitierten Definition. Wo es  für deutsche Verhältnisse  nicht ganz gelingt, wird die Übereinstimmung mit der international üblichen englischen Form angestrebt. Zum Teil werden auch nur längere Umschreibungen in einem Wo rt zusammengefaßt.

Der Grundgedanke dieser Systematisierung besteht in der schrittweisen Erweiterung des Gaffelschoners mit Stengen und Rahen, beim Zweimaster bis nah an die Brigg, beim Dreimaster bis an die Bark und beispielsweise auch darüber hinaus.

Uncharakteristische Bezeichnungen wie Schoner, Rahschoner, Zweimastschoner, Dreimastschoner usw. werden nicht mehr einem speziellen Typ, sondern einer ganzen Gruppe zugeordnet (siehe Schema).

Auch gelangt das Wort „Schoner” als Stammwort  bei  zusammengesetzten Substantiven nur bei den „echten” Schonerformen zu Anwendung, d.h. die an ihren Masten nicht mehr als eine Stenge mit einer „kleinen Rahtakelage” fuhren (z.B. Toppsegelschoner, Brigg schoner, Barkschoner). Ist dagegen, wie bei den  Mischformen üblich, ein  M ast  davon vollgetakelt (zwei Stengen), lautet das Stammwort je nach Anzahl der Masten „Brigg” oder „Bark” (z.B. Schonerbrigg, Schonerbark). Die Kombinationen von  vollgetakelten Masten und Schonermasten mit „kleiner Rahtakelage wird gekennzeichnet durch die Endung „ine” (Brigantine, Barkentine).

Wie bereits erwähnt, ist die entscheidende Ursache für die unterschiedliche Auffassungen bei der Benennung fast ausschließlich in der „mangelhaften Fixierung der Grundbegriffe” zu suchen. Vor der näheren Beschreibung der einzelnen Typen müssen deshalb erst noch einige Standards definiert werden.

  • Der vollgetakelte Mast hat zwei Stengen, Mars – und Bramstengen mit den entsprechenden
  • Der Schonermast hat einen langen Untermast und eine kurze Stenge und führt nur das „Schonerzeug”, das sind Gaffelsegel und Gaffeltoppsegel.
  • Der Schonermast mit einer „kleinen Rahtakelage” fährt an der einen Stenge je nach Länge zwei bis drei Rahen mit entsprechenden Toppsegeln unter-schiedlicher Form und Größe. Der Untermast ist hier meist kürzer als beim rein gaffelgetakelten Schonermast.

Auf eine Diskussion und Definition der möglichen Toppsegelvarianten muß hier aus Platzgründen verzichtet werden. Ihre Vielfalt läßt aber erkennen, daß die Bezeichnung eines Schoners nicht allein von der Anzahl, Größe, Schnitt und Anordnung dieses Segels gemacht werden kann, sondern daß allein die Anzahl der dafür gefahrenen Stengen ausschlaggebend  sein muß. Um ein erneutes „Verwirrspiel nach Möglich keit zu vermeiden, soll nun anhand dieses Kriteriums der Versuch einer einheitlichen Systematisierung vorgenommen werden, ein Typenkatalog also, der nur jeweils eine Bezeichnung für jedes Rigg vorgibt. Scho ner ist dabei nur der für alle Varianten geltende Oberbegriff. Die Unterteilung erfolgt erst in die drei Hauptgruppen Gaffelschoner, Rahschoner und Stag segelschoner (siehe Schema), die sich dann wieder in entsprechende Unterformen mit ihren spezifischen Merkmalen aufsplitten.

Literatur:

Der Autor Jürgen Rabbel hat diese Typologie erstmalig veröffentlicht in seinen Büchern Rostocker Windjammer, Hölzerne Segler VEB Hinstorff 1988 und Rostocks eiserne Segler, VEB Hinstorff 1986

Aufgestöbert haben wir diese Typologie auch bei Herbert Karting, Deutsche Schoner I -VII