EBENHAEZER

Rolf Thoben


Ebenhaezer noch mit Steuerhaus und zweitem Mast

EBENHAEZER_HIST_241.jpg
Schiffsname EBENHAEZER
Ex-Namen
Nationalität D
Heimathafen Rhauderfehn
Typ Friesische Tjalk
Rigg Tjalk
Baujahr 1908
Bauwerft van der Werf,
Bauort Leeuwarden
Länge (London) 19,80 m
Länge (Meßbrief) m
Länge über alles 26 m
Breite 4,30 m
Tiefgang 1,10 m
Segelfläche 178 m²
Motor Segel
Leistung  PS
Museumshafen

Über das Schiff

Typ (Ursprung): Tjalk
Kategorie: Sh3
Namen: EBENHAËZER, EBENHAEZER
Baujahr: 1908
Bauwerft: O. van der Werf
Bauort: Leeuwarden (Friesland)
erste Messnummer: L1139N
Maß: 19,8m x 4,3m, 52 tons
Heimathafen: Westrhauderfehn
•1908 Bau für Schiffer Bos aus Murmerwoude
•1931 Neuvermessung in Meppel, Heimathafen Zwartsluis
•1944 Neuvermessung in Leeuwarden
•im Laufe der Frachtfahrt Motorisierung mit 23 PS/Einzylinder
•1949 in Belgien vom Frachtschiff zur Yacht umgebaut, Großmast verkleinert, zusätzlicher Besanmast
•1966 neuer Eigentümer, Ruderhaus/Umbauten zur Motorsegel-Yacht, neuer Motor 48 PS Gardner
•1972 nach sechsjähriger Europareise in Rendsburg zum Verkauf aufgelegt
•ca. 1980 neuer Eigentümer, kurzzeitig Lieger bei der Schiffergilde Bremerhaven
•1986 nach Ankauf durch die Gemeinde Westrhauderfehn grundlegender Rückbau zum Segelschiff, Nutzung seit Fertigstellung im Jahr 1989 als Werbeträger und Charterschiff
quelle Opf blogspot 8.4.2013

Die Historie

Im März 1908 läuft eine eiserne Tjalk, etwa 20m lang, bei der WERFT VAN DER WERF in Leeuwarden vom Stapel und wird auf den Namen EBENHAEZER getauft. Der niederländische Eigner bewegt mit dem Schiff allerlei anfallende Frachten, so wird das Schiff für den Transport von Torf, Getreide, Baumaterialien, Salzfischen und was sonst in dieser Epoche noch anfällt, eingesetzt. Das Fahrtgebiet erstreckt sich auf die niederländischen Kanäle, Flüsse und das Wattenmeer. Es ist auch eine Zeit bekannt, in der die EBENHAEZER als Postschiff zwischen dem niederländischen Festland und den westfriesischen Inseln verkehrte. Zu dieser Zeit, 1929, wurde sie erstmalig motorisiert, der damalige Eigner ließ einen 23 PS starken Einzylinder Dieselmotor einbauen. Dies sicherte auch weiterhin Frachten, da das Schiff nun mehr nicht allein auf den Wind als Antrieb angewiesen war.
Nach den beiden Welt-kriegen, die die EBENHAEZER unbeschadet übersteht, wird sie im Jahr 1949 von dem belgischen Ingenieur und Freizeitskipper Hugo van Kuyck aus Antwerpen erworben und zu einer Freizeit-Yacht umgebaut. Wegen besserer Handlichkeit wird die Takelage verändert
und ein kleiner Besanmast angebracht. Die typischen breiten Seitenschwerter werden durch lange und schmale ersetzt, der Laderaum wird zur Kajüte umgestaltet.1966 geht die inzwischen fast 60-jährige Tjalk in den Besitz des englischen Fabrikanten Leonhard Cullen über. Auch dieser verändert das Aussehen der Tjalk weiter, da er eine längere Europareise mit seiner Familie plant. Die alte und leistungsschwache Maschine wird gegen einen 48 PS starken Gardener Motor ausgetauscht, weiterhin wird noch ein Ruderhaus aufgebaut. Der ehemalige Laderaum erhält einen 70 cm hohen Kajütaufbau.

1972 endet die Europa-Tour und das Schiff wird in Rendsburg bei der UECKERWERFT aufgelegt und zum Verkauf angeboten. Hier wird das Schiff 1980 von Kapitän Harald Gossing und Ehefrau Sabine erworben. Auf einer Urlaubsfahrt 1984 erreicht das Ehepaar Gossing auch Rhauderfehn, und da sie sich in Rhauderfehn wohl fühlen, bleiben sie gleich dort. Im Jahr 1986 wird die Tjalk an die Gemeinde Rhauderfehn verkauft, die schon lange auf der Suche nach einer Tjalk ist, um an die bis Anfang des 19. Jahrhunderts in Rhauderfehn vorhandenen Werften zu er-innern. In einem Projekt mit dem ARBEITSKREIS SCHULE RHAUDERFEHN E.V. wird als Langzeitprojekt die Renovierung und der Rückbau der Tjalk mit einer Gruppe arbeitsloser Jugendlicher in Angriff genommen. Während der Planungsphase kam durch einen Zu-fall der Bremer Rolf Pfeiler, vielen sicherlich ein Begriff, nach Rhauderfehn. Er entschloss sich spontan, an dem Projekt mitzuwirken und übernahm als Schiffs- und Maschinenbauer und Fachmann für Plattbodenschiffe die Restaurierung des historischen Schiffes. Die Arbeiten beginnen im Juni 1986 auf der Meyer Werft in Papenburg mit dem Kranen der Tjalk und dem Transport nach Rhauderfehn. Auf dem Bauhof der Gemeinde Rhauderfehn wird die Tjalk nahezu abgewrackt und buchstäblich vom Kiel bis zur Mastspitze überholt. Ultraschallmessungen erfolgen und der Rumpf wird mit den auszuwechselnden Platten wieder auf Vordermann gebracht. Im Vareler Wald sucht Rolf Pfeiler den Stamm einer mächtigen Douglasietanne, diese soll als Mast dienen. Ein Jahr lang wird das frische Holz im Kanal gewässert, bevor daraus der 20 Meter lange Mast in mühevoller Handarbeit entsteht. Das Deck wird von allen störenden Aufbauten befreit, bis EBENHAEZER wieder ihre ursprüngliche Form zurück erhält. Die Seitenschwerte werden von Rolf Pfeiler in mühsamer Handarbeit aus schweren Eichenbohlen und selbst angefertigten Beschlägen neu gebaut. Auch unter Deck ist die Handschrift von Rolf Pfeiler zu erkennen. Der Laderaum wird mit stabilen Luken und einer Persenning abgedeckt, darunter entstehen eine geräumige Messe mit Kombüse, gemütliche Schlafräume, ein Waschraum und ein Toilettenraum und eine Skipperkammer. Die EBENHAEZER verfügte damit über 15 Schlafplätze.
Im September 1988 erlebte die EBENHAEZER ihren zweiten Stapellauf und wird seitdem von der SCHIFFERGILDE RHAUDERFEHN E.V. ehrenamtlich bereedert und geführt. Insbesondere Fahrten mit Schülern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenengruppen sollen an die Zeit der kleinen Frachtsegler erinnern, die für die Versorgung der größeren Städte von großer Bedeutung waren.

Literatur: PIEKFALL 95-2008