Hedvig Sophia

Schiffsname Hedvig Sophia
Ex-Namen Wenden, Drottning Ulrika Eleonora
Nationalität S
Heimathafen Karlskrona
Typ Linienschiff
Rigg
Baujahr 1692
Bauwerft Karlskrona Marinewerft
Bauort
Länge (London) 47,25 m
Länge (Meßbrief) 160 schw. Ft m
Länge über alles m
Breite m
Tiefgang m
Segelfläche
Motor Segel
Leistung  
Museumshafen

Über das Schiff

Hedvig Sophia Seeschlacht bei Fehmarn 1715
Vor allem aber geht es in der Museumsschau um den tristen Alltag der Matrosen aus dem Barock. Prächtige Vernichtungs¬plattformen mit immer ausgefeilterer Artillerie liefen damals vom Stapel. In Sachen Komfort und Hygiene aber ging es zu wie in der Steinzeit.
470 Mann Besatzung hatte die „Hedvig Sophia. 146 Soldaten standen fürs Entern und für den Nahkampf bereit. Hinzu kamen 11 Offiziere vom 1. bis zum 6. Dienstgrad sowie die handwerklich geschulten „Decksoffiziere: Quartiermeister, Zimmerleute, Segelmacher. Diese Ränge schliefen in gezimmerten Kojen.
Die einfachen „Båtsmän, 309 an der Zahl, ruhten dagegen dicht bei dicht zwi¬schen den Kanonen auf den beiden Batteriedecks in Hängematten. Wenn nach vier Stunden die Wache wechselte, rollten sie ihre Matten ein, um dem nächsten Penntrupp Platz zu machen.
Warmes Wasser, Heizung, Seife — all das gab es nicht an Bord. Der einfache Matrose holte sich morgens mit dem Seil einen Ei¬mer Wasser aus dem Meer. Bei Darmdrang hockte er sich im Vorschiff über ein Loch in der Planke.
Als im Jahr 1709 im Ostseeraum die letzte große Pestwelle ausbrach, erlitten einige Crews wegen der mangelnden Sauberkeit „Abgänge von 50 Prozent, sagt Historiker Krüger.
Bis Dezember dauerte jeweils die Kriegssaison. Kalte Gischt, zuweilen vermischt mit Schneeflocken, schäumte übers Deck. Um sich vor Nässe zu schützen, trugen die Seeleute Kutten, die sie mit Tierfetten einschmierten (daher stammt der Name Ölzeug für wetterfeste Kleidung). Oft kamen sie tagelang nicht aus ihren klammen Kla-motten raus.
Die Schlafdecks, von bärtigen Schnarchern gefüllt, mieften fürchterlich. Krüger spricht von einer „spannenden Geruchskulisse.
Der Großmast der „Hedvig Sophia bestand aus drei ineinander verzapften Eichenstämmen. Vom Kiel bis zur Spitze war er 5o Meter lang. Um auf den Tauen besser stehen zu können, trugen die Männer hochhackige Schuhe. Gleichwohl rutschten viele aus, verloren am steif gefrorenen Segeltuch den Halt oder fielen vom Großtopp.

Eine schwedische Proviantliste aus der Zeit gibt an, dass Karls „Kronmatrosen pro Monat 8,5 Kilo Pökelfleisch und Stockfisch erhielten, „alles blutdrucktreibende Nahrung (Krüger). Jeder besaß einen Löffel, den er nach Gebrauch am Hemd abwischte. Gegessen wurde jeweils zu siebt aus einem Topf.
Die Kombüse befand sich im untersten Deck. Am Herd stand der Koch, nicht selten ein Kriegsversehrter mit Holzbein. Über dem Feuer kochte ein riesiger festgezurrter Kessel, in dem der Maitre Graupen, Gepökeltes und Erbsen verrührte — ein Anblick wie in Teufels Küche. Wegen der Brandgefahr war der düstere Raum mit Ziegeln ausgekleidet. Entsprechende Steine und Schlackehaufen haben die Taucher vor Bülk aufgespürt.
Ein generelles Rauchverbot gab es nicht. Oben durften die Matrosen Tonpfeife schmauchen. Ihre monatliche Bierration lag bei einer „halben Tonne (63 Liter). Hinzu kam Getreideschnaps.
Der viele Alkohol und dazu die drangvolle Enge führten nicht selten zu ungebührlichem Verhalten. Ein Marinegesetz, das die Kuratoren in einem Archiv aufstöberten, verbot bei Strafe, gegen Geschütze zu pinkeln.
Doch was sollte man tun? Das Bier schmeckte weit besser als das faulige Trinkwas¬ser. Um es schmackhafter zu machen, begannen die Briten im 18. Jahrhundert damit, es mit Rum zu verfeinern. Später kam noch ein Spritzer Zitrone dazu, um dem Skorbut vorzubeugen. Der Grog war erfunden.
Im Großen Nordischen Krieg kannte man die tödlichen Gefahren des Vitamin¬mangels noch nicht. Zuweilen aß die Besatzung einen Apfel. Ansonsten trank sie den Schnaps unverdünnt. Vor allem vor einem Angriff ließ der Kapitän kräftig einschenken.
Taktische Raffinesse war während der barocken Seegefechte ohnehin nicht gefragt. Es ging schlicht darum, die schwimmenden Holzfestungen in einer Linie vor den Gegner zu bringen. War man auf 400 Meter heran, begann das Geböller.
So geschah es auch 1715 vor Fehmarn, wie die Logbücher und die neuen Zeug¬nisse vom Meeresgrund beweisen. Demnach segelte die dänische Schwadron mit elf Schiffen von Norden heran. Die Schweden — vier Linienschiffe und zwei Fregatten — wurden überrascht.
518 Kanonen standen gegen 313. Doch Konteradmiral Carl Hans Wacht¬meister nahm das Gefecht an.
Am 24. April um 14.30 Uhr ließ er die Geschützpforten öffnen. Dasselbe taten die Dänen und begannen als Erste zu feuern. Gleich mit der ersten Salve trafen sie die „Hedvig Sophia fünfmal unter der Wasserlinie in den Rumpf.
Das haute den 165o Tonnen schweren Pott noch nicht um. Eilig hämmerte die Mannschaft Holzklötze in die Lecks und pumpte das einbrechende Wasser hinaus. Die Kano¬niere stopften derweil ihre 12-,18- und 24-Pfünder. Nach jedem Schuss mussten sie die glühenden Rohre nass auswischen, um sie danach erneut vorsichtig mit Pulver zu stopfen.
Den ganzen Nachmittag heulten die Kugeln, Masten splitterten, Segel rissen. Allein das Flaggschiff der Dänen, die „Prins Christian, feuerte 2231 Schüsse ab und verbrauchte dabei 4,6 Tonnen Sprengstoff.
Am Abend waren 70o Schweden tot oder verletzt. Sie hatten auf der ungünstigen Lee-Position am Wind gekämpft, sodass ihnen der ganze Qualm ins Gesicht blies. Im Bordlazarett der „Hedvig Sophia standen blutverschmierte Chirurgen und amputierten Gliedmaßen.
Dann dämmerte es. Gefechtspause. Umgehend begannen die Dänen mit der Ausbesserung der Schäden. Sie wollten die Schießerei am nächsten Tag wieder auf¬nehmen.
Ihre Gegner aber machten sich davon. Im Dunkel der Nacht drifteten sie mit dem Wind Richtung Kieler Förde. Admiral Wachtmeister wollte seine schwer angeschlagene Flotte selbst versenken. Das teure Militärgerät sollte auf keinen Fall dem Gegner zufallen.
Erst fiel die Artillerie über die Reling. Laut Tauchprotokoll zieht sich über den Meeresboden vor Bülk eine „1,5 Kilometer lange Geschützspur. Dann kam der Befehl, alle Schiffe auf Grund zu setzen. Mit den letzten zurückbehaltenen Kanonen ließ der Kommandeur Löcher in den Rumpf der „Prinsessan Hedvig Sophia schießen.
So sank er denn dahin, der stolze Rahsegler — und mit ihm bald Schwedens ganze Herrlichkeit. Was blieb, sind Dutzende versenkte und zerschossene Wracks, aus denen inzwischen eine große Zahl an Kostbarkeiten geborgen wurde: Navigationsgeräte, Mikadospiele oder eine 30o Jahre alte Taucherglocke.
Einige dieser Schätze aus den nassen Gräbern des Großen Nordischen Krieges werden nun „erstmals zu einer Ausstellung von außergewöhnlichem historischem Wert zusammengeführt, wie die Kuratoren ganz unbescheiden schreiben. Was sie besonders freut: Neben der „Hedvig Sophia lag auch ein vergoldeter Griff. Es ist ein Teil jenes Degens, den Admiral Wachtmeister am Tag der Niederlage wutenentbrannt ins Meer warf.
Niemand sollte die Unglückswaffe je wieder berühren.
Quelle DER SPIEGEL 44/2014 Matthias Schuh

Hölzerner Löffel
Essgerät eines einfachen Matrosen der „Hedvig Sophia. Offiziere aßen oft mit Löffeln aus Bein oder Gold.

Video:
Der Kriegskönig Karl XII.
spiegeLde/sp442014koenig oder in der App DER SPIEGEL

Die Historie

Das ursprünglich Drottning Ulrika Eleonora (deutsch Königin Ulrika Eleonora) genannte Schiff wurde im Jahr 1692[1] gebaut und gehörte als eines der ersten zu den großen Schiffsbauten auf der neu gegründeten Karlskronaer Marinewerft. Sie hatte eine Länge von 160 schwedischen Fuß (entspricht 47,25 m) und war für eine Bewaffnung mit 80 Kanonen vorgesehen.[1] Baumeister der Drottning Ulrika Eleonora war Francis Sheldon der Jüngere, der zu einer Familie gehörte, die zahlreiche englische Schiffsbaumeister, die sich in schwedischen Diensten befanden, stellte. Die Drottning Ulrika Eleonora war von Hans Wachtmeister in seiner Eigenschaft als Admiralitätsrat an König Karl XI als das neue Schiff der größten Sorte berichtet worden. Durch den Bau weiterer neuer Schiffe wurde am 30. September 1694 der Name Drottning Ulrika Eleonora auf ein anderes Schiff übertragen und die nun ehemalige Drottning Ulrika Eleonora erhielt den Namen Wenden[1]. Bei einem weiteren großen Ringtausch der Schiffsnamen in der schwedischen Flotte einen Monat später wurde die Wenden in Prinsessan Hedvig Sophia umbenannt.

Literatur:
Svenska Flottans Historia. Örlogsflottan i ord och bild. Fran dess grundläggning under Gustav Vasa fram till vara dagar. Bd. 2: 1680–1814. Malmö 1943.
Erik Norberg (Hrsg.): Karlskronavarvets Historia. Bd. 1. Karlskrona 1993, ISBN 91-630-1972-8.
Hj. Börjeson, P. Holck, Walther Vogel, Hans Szymanski: Swedish ships 1650–99, Danish-Norwegian ships 1650–1700, German ships 1643–1700 (Society for the Nautical Research occasional publications, 5). London 1936.
Jens Auer (Hrsg.): Prinsessan Hedvig Sophia – Fieldwork Report 2010. University of Southern Denmark, Maritime Archaeology Programme; Esbjerg Maritime Archaeology Reports 3, ISBN 978-87-992214-5-5

Quelle Wikipedia