Maria HF 31


Buchtitel


Spantriss nachträglich angefertigt JK

Maria_HF_31-150dpi.jpg
Schiffsname Maria HF 31
Ex-Namen
Nationalität D
Heimathafen Deutsches Museum; München
Typ Seefischer-Ewer
Rigg
Baujahr 1880
Bauwerft J. Sietas
Bauort Cranz-Neuenfelde
Länge (London) m
Länge (Meßbrief) m
Länge über alles 19,22 m
Breite 5,96 m
Tiefgang 1,80 m
Segelfläche
Motor Segel
Leistung  
Museumshafen

Über das Schiff

Fotos Fischer-Ewer HF 31 MARIA 1930 auf Eckmanns Werft in Finkenwärder (1); seit 1957 steht der Ewer im Deutschen Museum in München (2). Der Spantriß (3) wurde nachträglich angefertigt
Register Deutsche Segelschiffe JK Seite 2

Handwerk in der Strömung der Industrialisierung
Wie erging es den Betreibern dieser Schiffe, die, zunächst mit kaum mehr als mittelalterlicher Technik ausgerüstet, in die unaufhaltsame Strömung der Industrialisierung gerieten? Wer sich auf der Elbinsel Finkenwerder, flußab nahe Hamburg, entschloß, einen Ewer bauen zu lassen, mußte sich über Jahrzehnte verschulden, ohne mit einem gesicherten Einkommen rechnen zu können. Dazu verursachten Verschleiß und zerrissene Netze hohe Kosten, die erst der See abgewonnen werden mußten. Möglichst billig gebaut, konnte der Ewer kein Meisterwerk sein.

PfahlewerFinkenwerder bot nur wenigen ein Auskommen. Die meisten Einwohner lebten vom Fischfang, der vor 1815 noch auf der Elbe, aber bereits unter strikten Vorschriften zum Schutz der Bestände erfolgte. Ihre Boote waren flachbodige, kantige Pfahlewer mit einem pfahlartigen Mast und Netzsack. Das Treibnetz wurde durch einen etwa 10 m langen Baum gespreizt. Da diese Baumkurre schwer zu handhaben war, erhielten die Fischewer als erste technische Hilfsmittel Winden. Um 1850 erlebte die Fischerei durch das Bevölkerungswachstum einen großen Aufschwung. Mit der Eisenbahn konnte Fisch preiswert und schnell auch in das Inland gebracht werden. Fischdampfer, deren Dampfmaschine eine höhere und gleichmäßige Zugleistung erlaubte, konnten ein durch Scherbretter weit gespreiztes Schleppnetz einsetzen, das ergiebigere Fänge lieferte. Durch diese Intensivierung verminderte sich der Fischbestand einzelner Gebiete so stark, daß neue, meist weiter entfernte Fischgründe aufgesucht werden mußten, – ein Handicap für die besegelten Ewer.

Wie sehr diese in den buchstäblichen Konflikt zwischen neuer Technik und Naturgewalten gerieten, mußte der zweite Eigner der HF 31 erfahren, der seinen vorigen Ewer durch eine der häufigen Kollisionen mit einem Dampfer auf der Elbe verloren hatte, und nun hilflos erleben mußte, wie eine schwere See seine zwei Partner von Bord riß. In manchen Jahren blieben zehn Ewer des Zeichens HF (= Hamburg-Finkenwerder) auf See. Kein Wunder, daß dieser Überlebenskampf im Roman des Finkenwerders Gorch Fock (Johann Kinau) Seefahrt ist not, von der angefachten Propaganda des kaiserlichen Flottenprogramms hochstilisiert, direkt auf Deutschlands einzige Zukunft auf dem Wasser wies.

Zum SeitenanfangAdaption neuer Technik

Giekewer (oben) und Besanewer (unten)Der Einsatz der neuen Schleppnetztechnik schien auf Seglern nicht möglich zu sein. Nach längeren Versuchen gelang es aber, die Scherbretter, praktisch kurze Tragflächen, so zu gestalten, daß sie sich auch für Segler eigneten. Der Wandel der Fangtechnik erforderte auch die Anpassung des Segelantriebs. Für die Schleppnetzfischerei wurde der Pfahlewer durch den Giekewer ersetzt. Dieser erhielt drei Segel, etwa die doppelte Fläche. Weil der einseitige Zug des Netzes schlecht auszugleichen war, ging man ab 1850 zum zweimastigen Besanewer über. Der kantige Rumpf der Besanewer ähnelte noch dem der Pfahlewer. Aus dem schnellen, seetüchtigen französischen Logger hatten englische und holländische Fischer ein für den Schleppnetz-Einsatz gut geeignetes Fahrzeug entwickelt, das um 1880 als Kutter nach Deutschland kam. Hier reagierten einige Bootsbauer innerhalb kurzer Zeit, um ihren heimatlichen Ewer einem solchen Kutter anzunähern; in der einfachsten und billigsten Form dadurch, einen Balkenkiel unter den flachen Boden zu hängen, ergänzt durch den Import eines absenkbaren eisernen Mittelschwerts, wie es bis dahin nur bei modernen Segelyachten bekannt geworden war. Dieses nachträgliche Untersetzen eines Kiels läßt sich auch bei dem in dieser Phase entstandenen Ewer Maria HF 31 feststellen, bei dem auch die Öffnung für das Mittelschwert erhalten ist.

Von großem Einfluß auf die Seefähigkeit der Ewer war die Bünn, ein wasserdurchfluteter Raum als bewußt in Kauf genommenes Leck, der den lebenden Fang aufnahm und von Deck über eine große Luke erreichbar war. Diese Bauweise barg Gefahren, da die breite Luke oft nicht richtig verschlossen werden konnte und überkommendes Wasser in die übrigen Räume eindringen konnte. Zur Sicherung wurden um 1905 die Luken reduziert und die Bünn bis auf die Deckshöhe verlängert. Diesen Umbau erhielt auch die Maria HF 31; bei der Restaurierung im Jahre 1957 wurde wieder der Zustand der alten Lukenbreite hergestellt.

Quelle deutsches Museum

Die Historie

HF 31 MARIA Finkenwerder bis 1951 in der Fischerei,
– 1957 privat
vom Deutschen Museum restauriert, in München aufgestellt

Der Spantriß wurde nachträglich angefertigt. JK

Seit 1880 war der Finkenwerder Fischewer Maria siebzig Jahre im Einsatz, bevor er im Deutschen Museum in München seinen letzten Liegeplatz fand. Die Aufzeichnung dieser außergewöhnlich langen Fahrenszeit der Maria aus neu erschlossenen Quellen und das reichhaltige Bildmaterial ergänzen sich zu einer fundierten und lebendigen Darstellung der Hochseefischerei.

Handwerk in der Strömung der Industrialisierung
Wie erging es den Betreibern dieser Schiffe, die, zunächst mit kaum mehr als mittelalterlicher Technik ausgerüstet, in die unaufhaltsame Strömung der Industrialisierung gerieten? Wer sich auf der Elbinsel Finkenwerder, flußab nahe Hamburg, entschloß, einen Ewer bauen zu lassen, mußte sich über Jahrzehnte verschulden, ohne mit einem gesicherten Einkommen rechnen zu können. Dazu verursachten Verschleiß und zerrissene Netze hohe Kosten, die erst der See abgewonnen werden mußten. Möglichst billig gebaut, konnte der Ewer kein Meisterwerk sein.

PfahlewerFinkenwerder bot nur wenigen ein Auskommen. Die meisten Einwohner lebten vom Fischfang, der vor 1815 noch auf der Elbe, aber bereits unter strikten Vorschriften zum Schutz der Bestände erfolgte. Ihre Boote waren flachbodige, kantige Pfahlewer mit einem pfahlartigen Mast und Netzsack. Das Treibnetz wurde durch einen etwa 10 m langen Baum gespreizt. Da diese Baumkurre schwer zu handhaben war, erhielten die Fischewer als erste technische Hilfsmittel Winden. Um 1850 erlebte die Fischerei durch das Bevölkerungswachstum einen großen Aufschwung. Mit der Eisenbahn konnte Fisch preiswert und schnell auch in das Inland gebracht werden. Fischdampfer, deren Dampfmaschine eine höhere und gleichmäßige Zugleistung erlaubte, konnten ein durch Scherbretter weit gespreiztes Schleppnetz einsetzen, das ergiebigere Fänge lieferte. Durch diese Intensivierung verminderte sich der Fischbestand einzelner Gebiete so stark, daß neue, meist weiter entfernte Fischgründe aufgesucht werden mußten, – ein Handicap für die besegelten Ewer.

Wie sehr diese in den buchstäblichen Konflikt zwischen neuer Technik und Naturgewalten gerieten, mußte der zweite Eigner der HF 31 erfahren, der seinen vorigen Ewer durch eine der häufigen Kollisionen mit einem Dampfer auf der Elbe verloren hatte, und nun hilflos erleben mußte, wie eine schwere See seine zwei Partner von Bord riß. In manchen Jahren blieben zehn Ewer des Zeichens HF (= Hamburg-Finkenwerder) auf See. Kein Wunder, daß dieser Überlebenskampf im Roman des Finkenwerders Gorch Fock (Johann Kinau) Seefahrt ist not, von der angefachten Propaganda des kaiserlichen Flottenprogramms hochstilisiert, direkt auf Deutschlands einzige Zukunft auf dem Wasser wies.

Adaption neuer Technik, vom Giekewer zum Besanewer

Der Einsatz der neuen Schleppnetztechnik schien auf Seglern nicht möglich zu sein. Nach längeren Versuchen gelang es aber, die Scherbretter, praktisch kurze Tragflächen, so zu gestalten, daß sie sich auch für Segler eigneten. Der Wandel der Fangtechnik erforderte auch die Anpassung des Segelantriebs. Für die Schleppnetzfischerei wurde der Pfahlewer durch den Giekewer ersetzt. Dieser erhielt drei Segel, etwa die doppelte Fläche. Weil der einseitige Zug des Netzes schlecht auszugleichen war, ging man ab 1850 zum zweimastigen Besanewer über. Der kantige Rumpf der Besanewer ähnelte noch dem der Pfahlewer. Aus dem schnellen, seetüchtigen französischen Logger hatten englische und holländische Fischer ein für den Schleppnetz-Einsatz gut geeignetes Fahrzeug entwickelt, das um 1880 als Kutter nach Deutschland kam. Hier reagierten einige Bootsbauer innerhalb kurzer Zeit, um ihren heimatlichen Ewer einem solchen Kutter anzunähern; in der einfachsten und billigsten Form dadurch, einen Balkenkiel unter den flachen Boden zu hängen, ergänzt durch den Import eines absenkbaren eisernen Mittelschwerts, wie es bis dahin nur bei modernen Segelyachten bekannt geworden war. Dieses nachträgliche Untersetzen eines Kiels läßt sich auch bei dem in dieser Phase entstandenen Ewer Maria HF 31 feststellen, bei dem auch die Öffnung für das Mittelschwert erhalten ist.

Von großem Einfluß auf die Seefähigkeit der Ewer war die Bünn, ein wasserdurchfluteter Raum als bewußt in Kauf genommenes Leck, der den lebenden Fang aufnahm und von Deck über eine große Luke erreichbar war. Diese Bauweise barg Gefahren, da die breite Luke oft nicht richtig verschlossen werden konnte und überkommendes Wasser in die übrigen Räume eindringen konnte. Zur Sicherung wurden um 1905 die Luken reduziert und die Bünn bis auf die Deckshöhe verlängert. Diesen Umbau erhielt auch die Maria HF 31; bei der Restaurierung im Jahre 1957 wurde wieder der Zustand der alten Lukenbreite hergestellt.

Quelle deutsches Museum

Literatur:
Gehard Timmermann, Vom Pfahlewer zum Motorkutter. Hamburg 1957
Joachim Kaiser, Segler im Gezeitenstrom. Die Biographie der hölzernen Ewer. Norderstedt 1974
Jobst Broelmann, Timm Weski, Maria HF 31. Seefischerei unter Segeln. München 1992

Quelle und mehr unter http://www.deutsches-museum.de